Kleingärten bzw. die Kleingartenbewegung entwickelte sich aus der Situation sozialer Missstände heraus. Die infolge der Industrialisierung entstandenen neuen Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse in den Großstädten verstärkten das Gefühl nach Erholung in der Natur und verbesserter Ernährung.

Um 1830 entstanden die ersten Gartenanlagen, die zur Linderung von sozialer Not beitrugen – die Armengärten. Dort konnte Gemüse für den Eigenbedarf angebaut werden. Dies brachte nicht nur Abwechslung in den Speiseplan, sondern stellte ebenso eine Energie- und Vitaminquelle dar.

Eine weitere Initiative, um Fabrikarbeitern einen Ausgleich zur meist monotonen Arbeit zu geben und deren Ernährung zu verbessern, entstand aus unternehmerischen Absichten heraus. Die Anlage von Arbeitergärten nutzte dem Unternehmer gleichermaßen. Denn damit band er „seine“ Arbeiter stärker an das Unternehmen.

Moritz SchreberDie Entwicklung des Wortes Schrebergarten birgt viele Mythen und Legenden. In Andenken an den Leipziger Arzt und Pädagoge Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808–1861) gründete der Leipziger Pädagoge Ernst Innocent Hauschild (1808–1866) den Schreberverein. Dessen ursprünglicher Zweck war es, den Schulkindern eine optimale Freizeitbeschäftigung zu bieten. Die Anlage von Spielplätzen forderte bereits Schreber. Kinder sollten nicht auf der Straße oder in den engen Hinterhöfen der Mietskasernen spielen. Im Mai 1865 wurde der 1. Schreberplatz eingeweiht. Der Schreberverein entwickelte sich auch nach Hauschilds Tod stetig weiter. Der Pädagoge und „Spielvater“ Karl Gesell (1800–1879) führte Kinderbeete am Rande des Spielplatzes ein. Jedoch hatten die Kinder und Jugendlichen weder die nötige Ausdauer, noch das Interesse für Gartenarbeit. Die Eltern übernahmen die verwilderten Parzellen und die Familienbeete erfuhren ihre offizielle Einweihung im Juni 1869. Die Parzellen wurden mit der Zeit eingezäunt und entwickelten sich bis zu ihrem heutigen Erscheinungsbild.

Das Zitat von Hugo Fritzsche und Kurt Schilling räumt mit der Verwechslung auf: „Jeder Schreberverein ist zugleich Gartenverein, aber nicht jeder Gartenverein Schreberverein.“ Für Moritz Schreber stand die Anlage von Gärten nicht zur Diskussion. Er hatte sich nie mit Gartenkultur beschäftigt. Für ihn stand unter medizinischen und pädagogischen Gesichtspunkten das Wohlergehen der Kinder im Vordergrund.

 

 

Literatur (Auswahl):

Katsch, Günther: Deutsches Museum der Kleingärtnerbewegung Leipzig. Kleingärten und Kleingärtner im 19. und 20. Jahrhundert, Leipzig 1996.

Knauss, Jürgen: Kleingärten. Oasen am Rand der Städte. In: Mitteillungen zur Geographie, Landes- und Volkskunde. Garten-Park-Landschaft, Blankenhain 2001, S. 66-69.

Stein, Hartwig: Inseln im Häusermeer. Eine Kulturgeschichte des deutschen Kleingartenwesens bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Frankfurt 1998.