Die Konfrontation der Rokokogesellschaft mit Kaffee, Tee und Schokolade verlangte bei Tisch neue Geräte. So gesellten sich beispielsweise zum Besteck Kaffee-, Teelöffel und der Schokoladenquirl dazu. Die Tischsitten erreichten im Rokoko ihren absoluten Höhenpunkt - wie wir sie in abgeschwächtem Maße heute kennen. Nach Norbert Elias berühmter Schrift „Über den Prozeß der Zivilisation“ (1939) sah Ulrich Tolksdorf die Entwicklung der Tischsitten in drei Phasen: 1. Das Mittelalter, in dem noch keine strengen Regeln galten, 2. die Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, als sich die Tischsitten herausbildeten und Regeln folgten und 3. das 19. und 20. Jahrhundert, wo sich die Tischsitten nicht mehr herausragend veränderten, aber durch die Kriege eine Vermischung der Arbeiter- und Mittelklasse vonstatten ging und somit die Sitten „verbürgerlichten“.
Weißes Gold für die neuen Heißgetränke
Für die exklusiven Getränke wurden besondere und repräsentative Trinkutensilien benötigt. Porzellan bot sich für diesen Zweck hervorragend an. Bisher wurden metallische Gefäße genutzt, die sich jedoch eher für kalte, aber nicht für heiße Getränke eigneten. Da Porzellan ein schlechter Wärmeleiter ist, sind Tassen und Kannen aus eben diesem ideal, um sich nicht die Finger bzw. die Lippen zu verbrühen. Ein weiterer nicht unbeachtlicher Nachteil von Metall war, dass es den Geschmack des Getränks verfälschte. Porzellan hingegen verhält sich neutral und das Aroma von Kaffee, Tee und Schokolade konnte sich voll entfalten.
Nicht nur Tassen, sondern auch immer mehr Zubehör entwickelte sich für den Tisch. Zur Zuckerdose gesellte sich die Zuckerzange. Der Tee wurde in einer Teebüchse aufbewahrt. In einer Kumme wurden die Teetassen bei Tisch ausgespült, um die in der Tasse zurückgebliebenen Teeblätter vor dem erneuten Befüllen zu entfernen.
Birnenform oder Apfelform? - Jedem Getränk die eigene Form
Die verschiedenen Kannen- und Tassenformen für die Heißgetränke ergaben sich aus ihrer praktischen Handhabe. Der Kaffee bzw. das gemahlene Pulver wurde direkt in der Kanne mit heißem Wasser aufgebrüht - der Kaffeefilter wurde erst später erfunden. Der Kaffeesatz setzte sich in der hohen schmalen Kanne am Boden ab. Um zu verhindern, dass Kaffeesatz in die Tassen gelangte, war das Schnäuzchen ursprünglich weit oben an der Kanne angesetzt. Die Teekanne hingegen sollte - ganz nach asiatischem Vorbild - eine bauchige Form haben, um den Teeblättern den Raum zu geben ihren Geschmack entfalten zu können. Die Kakaokanne, meist mit einem stilartigen Holzgriff, ist in ihrer hohen Form der Kaffeekanne ähnlich. Die Unterschiede bestehen in der geraden Wandung und der größeren Öffnung, die das Aufschäumen des heißen Kakaos mittels Quirl erlaubt. Um die Schaumkrone auch in der Tasse genießen zu können, waren die meist doppelhenkeligen Kakaotassen ebenfalls hoch und schmal. Eine moderne Ausführung der Kakaokanne zum Aufschäumen von Kakao gibt es von dem bekannten Hersteller der Kaffeebereiter mit Siebstempel.
Trinken aus der Untertasse - eine (Un-)Sitte?!
Eher als "un-"gewöhnlich, würden wir heute die Dame auf dem Bild bestaunen, wenn sie im Café ihren Kaffee aus der Untertasse trinken würde. Heißgetränke waren im 18. Jahrhundert ein neue Art von Getränken und verlangten einige Gewöhnung im Gegensatz zu den bis dato bekannten kaltgetrunkenen Getränken Wein und Bier. Die Untertasse hatte im Gegensatz zu heute ein höher gewölbten Rand. Der heiße Kaffee wurde für bessere Trinkfähigkeit nicht nur zum Abkühlen in die Untertasse gegossen, sondern auch aus ihr getrunken.