Kaffeesurrogate und -fälschungen zählen zu den Heißgetränken der einfachen Leute, aber auch Ende der 1970er Jahre haben sie Konjunktur, etwa in der DDR.
Den regelmäßigen Verzehr von Bohnenkaffee konnten sich viele einfache Familien nicht leisten. Die Erfindung von Kaffeesurrogaten um 1770 ermöglichte ihnen zumindest der äußeren Form nach die Sitte des Kaffeetrinkens der Oberschicht nachzuahmen. Bohnenkaffee blieb zunächst der Festtafel und später dem sonntäglichen Kaffeetisch vorbehalten.
Getrocknet, geröstet und gemahlen dienten die unterschiedlichsten Rohstoffe, wie beispielsweise Zichorie, Getreide, Eicheln, Bucheckern, Möhren, Mais, Kastanien, als Kaffeeersatz. Aber nicht nur Ersatz, auch Kaffeefälschungen kamen auf den Markt. Qualitativ schlechte Kaffeebohnen konnten durch spezielle Farben oder Harze wieder schön gefärbt werden oder eine Politur der Bohnen durch Fette und Öle ließen den Kaffee wieder gleichmäßig und braun erscheinen. Durch karamellisieren der Bohnen konnte ein Gewichtsverlust - die Bohne verlohr beim Rösten viel Wasser - ausgeglichen werden. Die Imitation von Kaffeebohnen erforderte besonders viel kriminelle Energie. Verkohlte, verschimmelte und künstliche Bohnen wie beispielsweise aus Roggenmehl und ausgelaugtem Kaffeesatz oder aus Erbsenmehl, Feigenprodukten, Milchzucker und Koffein sind laut Verordnung über Kaffee seit 1970 verboten.
Das Lieblingsgetränk der Deutschen war vor allem während des SED-Regimes nicht immer erhältlich und auch nicht für jeden erschwinglich. 30 Ostmark (bei einem Monatsverdienst von ca. 700 Ostmark) kostete ein 250-Gramm-Päckchen beispielsweise von Rondo oder Mona. Die teuren Kaffeeimporte und die globale Kaffeekrise brachten der DDR Ende der 1970er Jahre fast den wirtschaftlichen Ruin. Ein Kaffeeersatz für 4 Ostmark/250 Gramm sollte Abhilfe schaffen.
Kaffee-Mix bestand zur Hälfte aus minderwertigsten gemahlenen Kaffeebohnen und Getreidekaffee mit etwas Koffein. Erichs Krönung, wie das Kaffeeimitat im Volksmund genannt wurde, hielt sich nicht lang auf dem Markt. In diesem Zusammenhang lockerte das Regime die private Einfuhr von Bohnenkaffee im Westpäckchen - statt bisher einem Pfund Kaffee, konnten die Westpäckchen soviel Kaffee enthalten, wie die Absender im Stande waren zu schicken.
Die Frage nach dem Unterschied zwischen Jacobs-Kaffee und Kaffee-Mix brachte folgende humorvolle Reaktion hervor: Jakobs - das ist die „Krönung“ und Kaffee-Mix ... das ist der „Gipfel“!
Literatur (Auswahl):
Albrecht, Peter: Kaffeebohnen. Gefärbt, gezuckert, lackiert und nachgemacht, S. 211-233.
In: Hirschfelder, Gunther; Mohrmann, Ruth-E. [Hrsg.]: Kulturhistorische Nahrungsforschung in Europa. Festschrift für Günter Wiegelmann zum 80. Geburtstag, Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde (53), 2008.
Wiegelmann, Günter; Krug-Richter, Barbara [Mitarb.]: Alltags- und Festspeisen in Mitteleuropa. Innovationen, Strukturen und Regionen vom späten Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert, Münster [u.a.] 2006.